Für was braucht man auch ein Pferd? (Teil II)

| 2 Kommentare

Corona und kein Ende. Am 15.März 2020 (Teil I) stand ich, kurz vor dem 1. Lockdown in Hessen, nachdenklich mit meinem Pferd beim Angrasen. Und ich hätte damals nicht gedacht, dass uns Corona heute immer noch beschäftigt.

„Für was braucht man AUCH ein Pferd?“ Das war damals die Frage eines Nichtreiters, der mir sehr nahe stand.

Nachdem er meinen Blogbeitrag gelesen hatte, bekam ich diese Antwort:

Solche – wie die von Dir beschriebenen – Momente sind wichtig und wertvoll. Aber: geht das auch OHNE Pferd? Wenn nein – warum nicht. Für meinen Teil versuche ich seit der Diagnose diese Ruhe in mir zu finden. Ganz ohne Pferd, Motorrad, andere Menschen, ohne „Außen“, ganz in mir, im „Innen“. Wenn mir das gelingt, sind auch die emotionalen Abhängigkeiten weg und ich stehe für mich.

Ja, das geht bestimmt auch ohne Pferd. Sollte es! Aber es zwingt mich manchmal eben dazu. Wie oft steht man sonst einfach in der Gegend rum. Aber viel wichtiger, das Thema Pferd, hat mich ganz bestimmt zu dem gemacht, was ich heute bin! DAS schafft z.B. kein Motorrad!

Mein Pferd

Meine sehr spezielle StellaCadente. Eine absolute Knalltüte, die mich immer wieder an meine Grenzen bringt. Um nicht zu sagen, an den Wahnsinn. Ich frage mich oft, womit ich DIE verdient habe. Aber aufgeben ist nicht!

Stella ist im April 19 Jahre alt geworden. Ich kenne ihren kompletten Lebensweg, von der ersten Stunde an. Und wie man nachlesen kann, war es kein leichter Start. Dieses Pferd ist schon eine echte Herausforderung und mit 0815 kommt man da nicht weiter. Wir können viel, wir haben beide viel in unserem Leben zusammen lernen müssen. Sie ist ein Professor zwischen Genie und Wahnsinn. Aber eines, haben wir bis zum Lockdown nie wirklich hinbekommen…. Wir zwei, waren so gut wie gar nicht in der Lage, alleine ausreiten zu gehen. Es war immer alles andere als entspannend. Trotz 24/7 outdoor, können sie Mauselöcher zu Vollbremsungen im Galopp bringen und komisch aussehende Pflanzen zu Sätzen von 2 m seitwärts bewegen. Zu Fuß machen wir alles, aber beim Reiten, sah die Welt immer anders aus.

Der Lockdown beginnt

Und was ist jetzt nach dem denkwürdigen Tag im März passiert?

Erst noch ein schneller Umzug auf die Weide, weil keiner genau wußte, was bei einem Lockdown passiert und die Pferde so einfach näher am eigenen zuhause sind.

So, wer hat aufgepasst? Da steht was von „Diagnose“ in der Antwort des Nichtreiters. Eine Diagnose, mit absehbarem Ende… Lebenserwartung nach der Diagnose -> 3-4 Monate…. für mich die emotionalste Achterbahnfahrt meines Lebens… ein ewiges hoffen, kämpfen und viele Nächte, die ich nicht durchgeschlafen habe…

Und was macht mein Pferd? Es geht mit mir ins Gelände!!! Am langen Zügel, alleine, ich einhändig, nur die Schnalle in der Hand.

Die Frau, die die Farbe ins Leben bringt, und ihr Pferd

Ich sitze wieder im Pferd und nicht nur angespannt oben drauf. UND… ich filme, fotografiere was das Zeug hält. Unser beider (er + ich) zuhause, als Aufmunterung und zum Kraft spenden, bei Krankenhausaufenthalten. Wir facetimen, die Liveübertragung von meinen Ausritten, von der von uns beiden so geliebten Aussichten. Wegen Corona und teilweise auch über 200 km Entfernung, der einzige Weg, Kontakt zu halten und Kraft zu spenden.

Ich muß dazu sagen, ich gehe im Normalfall noch nicht mal ans Telefon auf dem Pferd. Wenn ich ausreite, dann bin ich ganz bei meinem Pferd. Schon aus Sicherheitsgründen.

ABER meine Stella ❤️, immer wieder für Überraschungen gut. Wenn es darauf ankommt, können wir halt doch aufeinander zählen. Haben wir doch schon so viel miteinander erlebt. Sie ist marschiert. Endlich das Pferd, welches ich haben wollte. So wie mit ihrer Mama, endlich entspannte Ausritte. Hirn durchblasen, abschalten können, TRAGEN lassen. Und das, wo ich sogar nicht mehr in der Lage war, irgendwelche Diskussionen mit ihr auszufechten. WIR haben es geschafft!

Entstanden sind dabei massenhaft wunderschöne Bilder. Laut IHM hätte ich das Potential dazu, eine ganze Webseite damit zu füllen. Einzigartige Bilder mit Landschaften, Blumen, Gräsern, Vollmonden und Sonnenuntergängen. Die Farben und Aussichten, die Kraft geben sollten, um für das Leben zu kämpfen.

Für was brauche ICH ein Pferd?

Und dann passierte das, was absehbar war 😭 „Geschafft“ hast Du alter Kämpfer es fast 18 Monate, davon habe ich Dich die letzten 8 Monate Deines Lebens begleitet…

Genau für diese Zeit danach, brauche ich wieder mein Pferd. Neben meinen ganzen, tollen Freunden (die ich nur noch draußen, mit genügend Abstand treffen kann), fängt es mich auf. Es TRÄGT mich! Es hat sich in dieser Zeit, genauso wie ich wohl auch, verändert. Durch ihre Flaschenaufzucht, haben wir ja sowieso ein enges Verhältnis, aber wir hören uns beide noch mehr zu. Ja, mein Pferd redet mit mir, man muß ihm nur genau zuhören. Und sie weiß wohl immer am besten, wie es mir geht…

Das was ich geleistet habe, hätte ich mir selbst nicht zugetraut. Aber auch da, haben mich die Pferde beeinflußt.

Du hast immer nur gesagt, der GAUL. Meine Antwort bei vielen Dingen (u. a. Massagen, Verbänden, im richtigen Moment zu handeln), war dann nur: das hast Du meinem Pferd zu verdanken. Wie gerne hätte ich Dir gezeigt warum…

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich gesagt: „Ich bin Pferdemädchen und Steinbock, wenn ich mich für Dich entscheide, gehe ich den Weg mit Dir bis zum Ende! Egal wohin das Ende geht…“

Zurück bleibt ein Herz,
dass Dich für immer
in sich trägt und niemals 
vergessen wird.
❤️

2 Kommentare

  1. Pingback: Für was braucht man auch ein Pferd? - procavallo-blog

  2. So schön geschrieben. Pferde sind einfach tolle Tiere, ich kann es mir ohne auch nicht mehr vorstellen.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.