Bürsten und ihre Borsten

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Was bedeuten eigentlich die einzelnen Fasern? Wozu dienen Sie? Und was ist das überhaupt? Mit dieser Frage muß man sich als Bürstenverkäufer schnell auseinandersetzen. Wollen wir doch Bio-Bürsten verkaufen und da sollte man schon wissen, was das alles so ist.

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Union-Faser? Klingt schon nach Vereinigung, aber was wurde da vereinigt. Oder Fibre? OK klingt nach Faser, aber nicht besonders natürlich. Oder wußten Sie, dass es sich dabei um die Blattrippen einer mexikanischen Agave handelt? Aber alles schön der Reihe nach.

Eine Bürste besteht aus dem Besatz, so werden die Borsten oder Fasern genannt, und  einem Körper.

Als Bürsten- und Kardätschenkörper werden Standard Hölzer aus heimischer Buche (selbstverständlich aus nachhaltig betriebener Forstwirtschaft) oder für den besonderen Geschmack, exclusiv hochwertiges Edelholz vom Birnbaum verarbeitet. Die Hölzer werden mit Bienenwachs manuell gewachst oder bleiben vollkommen unbehandelt. Fast alle Körper sind gedämpft und somit noch resistenter gegen Wasser. Der Handriemen wird aus starkem und ungefärbtem Naturleder gefertigt.

Bestückt sind unsere Bürsten mit reinen Tierhaaren oder reinen Pflanzenfasern in den besten Qualitäten. Damit wird eine optimale Aufnahme des Schmutzes und eine hohe Langlebigkeit garantiert.

Gute Bürsten herzustellen erfordert handwerkliches Können und eine genaue Kenntnis der für die unterschiedlichen Zwecke geeigneten Materialien. Es wäre ein Verlust, wenn dieses Wissen und Können, sowie die arbeitsintensive und umweltfreundliche Fertigungsweise vollends der Massenproduktion zum Opfer fiele.

Erst einmal, Naturfasern sind alle Fasern, die von natürlichen Quellen wie Pflanzen, Tieren oder Mineralien stammen und sich ohne weitere chemische Umwandlungsreaktionen direkt einsetzen lassen. Sie sind damit abzugrenzen von Chemiefasern, die synthetisch hergestellt werden. Keine Naturfasern sind Regeneratfasern (z.B. Viskose aus Holz oder Bambus). Auch die relativ kurzen Holzfasern werden oft gesondert betrachtet. Naturfasern können organischen (pflanzlich oder tierisch) oder anorganischen Ursprungs (mineralisch) sein.

Und nun  zu den einzelnen Fasern, Haaren oder auch Borsten, welche für die Bürsten von procavallo eingesetzt werden:

Bassine

Bassine ist eine Faser der Blattrippen der „Palmyra“-Palme, welche in Indien und Sri Lanka beheimatet ist und deren Stammes- bzw. Wurzelmark das stärkehaltige Nahrungsmittel „Sago“ liefert. Sie ist wie alle Pflanzenfasern nassfest, findet hauptsächlich in Straßenbesen Verwendung und wird sehr häufig mit Fibre zur Union-Borste gemischt. Desweiteren wird sie häufig für die Herstellung von Ofen- und Heizkesselbürsten verwendet.

Fibre

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Fibre (engl.=Faser), auch Naturfibre, Mexico- oder Tampicofibre genannt, ist eine gelbe Naturfaser. Sie wird aus den Blattrippen hauptsächlich zweier Agavenarten gewonnen, die auf dem mexikanischen Hochplateau wachsen. Ursprünglich wurden die Blätter von wildwachsenden Pflanzen gesammelt. Später, als eine stärkere Nachfrage nach Mexicofibre einsetzte, wurden auch Plantagen angelegt. Versuche scheiterten, die Fibre liefernden Agavenarten auch in anderen tropischen Hochländern anzubauen, etwa in Ostafrika oder auf Java. Die Pflanzen konnten dort keine für die Bürsten- oder Pinselherstellung geeigneten Fasern entwickeln, so dass Mexiko für Fibre ein natürliches Monopol hat. Vom dritten Lebensjahr an werden in den Plantagen die Blätter drei- oder viermal im Jahr geerntet. Die fertig zugerichtete Faser trägt die Handelsbezeichnung „Tampico-Fibre“, benannt nach der Hafenstadt Tampico. Die Vorzüge von Fibre bestehen in außergewöhnlicher Widerstandsfähigkeit gegen Säure, Lauge und Hitze, ebenso hoher Elastizität, optimaler Wasserabsorbierung und Hautfreundlichkeit. Daher hat die Naturfaser Fibre in den Bereichen Scheuerbürsten, Badebürsten, Massagebürsten und Spülbürsten ihren hohen Stellenwert. Sie hat ein hohes Wiederaufrichtvermögen. Wie bei vielen Naturfasern so gibt es hier auch synthetisch hergestelltes Fibre, allerdings hat Naturfibre eine höhere Widerstandsfähigkeit.

Naturborsten

Naturborsten = Schweineborsten (Borsten vom Hausschwein). Der alleinstehende Begriff „Borsten“ darf nur für Schweineborsten verwendet werden, Gültigkeit hat allerdings auch die Bezeichnung „Naturborsten“. Verwendung finden in der Bürstenproduktion hauptsächlich die langen und kräftigen Borsten der Rückenpartie. Der Vorteil der Schweineborste liegt in ihrer Kochfestigkeit sowie in ihrer Eigenschaft, Fett aufzunehmen und gleichermaßen wieder abzugeben. Verarbeitet werden die Borsten zu Bürsten aller Art wie z.B. Kardätschen, Bade-, Massage- und Haarbürsten. Es ist wichtig, die Bürste nach Gebrauch immer mit den Borsten nach unten trocken zu lagern, um Staunässe im Holz zu vermeiden und die Qualität der Bürste zu erhalten.
Die angelieferte Rohware ist meistens verfilzt und wird zunächst einem Auflockerungsprozess namens „Wolfen“ unterzogen, gewaschen und je nach Bedarf gebleicht. Bei diesen Vorgängen werden brauchbare von unbrauchbaren Borsten getrennt. Nun werden die von Natur aus krummen Borsten in Bäckerbunde oder auf Spindeln gerade gebunden und gekocht, was sie in ihrer neuen, geraden Form erhält und eine weitere Reinigung und Desinfektion bewirkt. Früher wurden die gebundenen Borsten beim Bäcker im Backofen getrocknet, daher rührt der Ausdruck „Bäckerbunde“. Heute geschieht alles maschinell, auch das anschließende Gleichrichten. Durchreiben, Kämmen und Aufstoßen der Ware. Diese wird nun in Aluminiumdosen gelegt und einem zweiten Koch- und Trocknungsprozess zugeführt. Darauf folgt das „Zupfen“ der Borsten, womit das Sortieren auf Länge gemeint ist. Anschließend werden sie zum dritten Mal gekocht, getrocknet, in Papiermanschetten gebunden, dann ausgekämmt und auf exakte Länge plangezupft. Jetzt folgt das „Sieben“, wobei die letzten einzelnen, falsch liegenden Borsten entfernt werden. Mit dem Schleifen der Kopfseite der Borsten endet der aufwendige Aufbereitungsprozess.
Das Borstenwachstum bei Schweinen hängt vor allem vom Alter sowie der Tierhaltung ab. Beim europäischen Hausschwein findet nur das schwere Winterhaarkleid Verwendung. Der hohe technische Aufwand und die geringe Borstenproduktion der dafür zu früh geschlachteten Schweine sind die Hauptgründe für den Borstenimport. Verarbeitet wird zur Zeit hauptsächlich Importware aus China. In diesem Land überwiegt immer noch die Freilandhaltung der Schweine, was die hohe Qualität der Borsten erklärt. Immerhin leben auch 40% des Weltschweinebestandes – das sind über 300 Millionen Schweine – in China.

Rosshaar

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Rosshaar ist einer der am meisten genutzten Werkstoffe jedes Bürstenmachers und stammt heutzutage meist aus Südamerika. Als Rosshaar werden das kürzere und härtere Körperhaar sowie das Schweif- und Mähnenhaar des Pferdes bezeichnet. Es wurde früher überall, wo Pferdezucht betrieben wurde, für den Markt gesammelt. Es wurde zunächst mit Wasser ausgekocht und dann durch Hecheln und nach der Farbe sortiert. Der Ausdruck „Rosshaar“ umfasst hauptsächlich Mähnen- und Schweifhaar. Die Haarqualität ist abhängig von Rasse, Geschlecht, Klima und Jahreszeit sowie der Haltung der Tiere. Füchse und Isabellen liefern braunes Haar. Die besonders begehrten weißen Haare stammen vom Schimmel. Im allgemeinen sind Winterhaare besser (kräftiger) als Sommerhaare. Die Haare werden zunächst sortiert auf Längen, Farben und Stärken. Der dabei anfallende Staub gilt als begehrter Dünger und die kurzen Haare gibt man an Rosshaarspinnereien weiter. Die Haarbüschel von annähernd gleicher Länge werden nun mit einer Maschine oder von Hand gekämmt und zu Bündeln von ca 5cm Durchmesser geradegebunden. Diese Bündel werden gekocht und anschließend im Trockenofen getrocknet. Danach werden sie mit der Stockschere auf die gewünschte Länge zugeschnitten und in die verschiedenen Bürsten- und Besenhölzer eingezogen. Es werden auch Fesselhaare der Tiere verwendet, aber für die Bürsten- und Besenherstellung sind diese zu weich und daher kaum von Bedeutung.
Die langen Haare wurden früher vor allem zur Herstellung der von Frauen und Männern des Adels getragenen Perücken verwendet. Die kurzen Haare wurden in Zöpfe zusammengedreht (Krull- oder Krollhaar) und als Polstermaterial, als Füllung für Matratzen, Rosshaarkissen und Reitsattel oder in der Schneiderei als Einlage verwendet. Es wurden auch ganze Rosshaardecken hergestellt. Außerdem wurden sie von Bürstenmachern und von Siebmachern verarbeitet, in der Fischerei fertigte man daraus Angelschnüre. Auch heute noch wird das klassische Polstermaterial verwendet. Für Vollpolstermatratzen wird durch eine Heißdampfbehandlung die Sprungkraft noch einmal verstärkt. Ein besonderes Anwendungsgebiet von Rosshaaren ist die Bespannung von Streichbögen.
Rosshaareinlagen fanden ihre Anwendung bis vor wenigen Jahren noch in der klassischen Schneiderei und Kürschnerei für die Wattierung der Vorderteile von Sakkos oder Mänteln. Dafür wurde das zu Zöpfen verdrehte Haar entweder mit der Hand zerzupft oder mit der Krempelmaschine (Krempelbock) zerfasert, es entsteht dabei ein fast federndes, sehr elastisches Produkt. In der Kürschnerei wurde es u.a. in der Hauptzeit der Muffmode, meist in der Massenherstellung in der Konfektion, zusammen mit Watte anstelle von Daunenbeuteln verwendet.
Rosshaare sind nicht allein verspinnbar, sondern nur indem man sie mit Baumwolle umspinnt, kann man sie zu einem endlosen Schussgarn formen. Mit Leinengarn verwebter Rosshaarfaden wurde im Bekleidungshandwerk als Rosshaareinlage oder einfach als „Rosshaar“ gehandelt. Es wurde bis zuletzt in reiner Handarbeit (Pikierstich) mit dem Oberstoff verbunden, insbesondere für Vorderteil, und Revers. Diese aufwändige Verarbeitungsform fand ausschließlich bei hochwertiger Bekleidung Anwendung, die hohe Sprungkraft des Rosshaars gab dem Teil einen dauerhaften glatten Fall.

Unionfaser

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Union-Borste“ bezeichnet man eine Fasermischung aus Fibre (Blattrippen der mexikanischen Agave) und Bassine (verschiedenen, dunklen Palmfasern aus den Blattstängeln der Sagopalme). Eine sehr harte, robuste und grobe Borste. Sie wird für starke Verschmutzungen ebenfalls in Schrubbern, Wischern sowie Wasch-und Scheuerbürsten verwendet. Da die Borste beim Reinigen den Untergrund nicht angreift, werden mit ihr z. B. auch Topfbürsten hergestellt. Die Faser wird oft auch zur Herstellung von Bürsten für den äußerst harten Einsatz und bei starken Verschmutzungen verwendet. Eine besondere Eigenschaft ist ihre Hitze- und Säurebeständigkeit.

Wildschweinborste

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Wildscheinborste ist extrem widerstandsfähig und hart. Das Wildschwein liefert die längsten, kräftigsten und damit hochwertigsten Naturborsten. Im Gegensatz zum Hausschwein, dessen Winterkleid verwendet wird, ist beim Wildschwein auch das Sommerkleid kräftig genug und damit zur Verarbeitung geeignet. Das liegt an dem Leben der Tiere in der freien Wildbahn und dem erreichen eines hohen Alters. Die Verarbeitung erfolgt wie beim Hausschwein. Da die Wildschweinborsten seltener, kräftiger und hochwertiger sind, finden sie hauptsächlich in der Herstellung edler Bürsten Verwendung, wie z.B. Kardätschen, Haar- und Kleiderbürsten. Die besten Bürsten werden aus dem ersten Schnitt hergestellt. Verwendung findet hierfür das erste Drittel und damit der kräftigste Teil der Borsten, welcher sich an den deutlich sichtbaren braun-weißen Haarwurzeln erkennen lässt. Das etwas weichere zweite Borstendrittel findet z.B. in der Herstellung hochwertiger Kleiderbürsten Verwendung.

Ziegenhaar

kopf_ziegenhaarZiegenhaar ist das mit Abstand weicheste Material, das hochwertige Haar für unsere handgemachte Ware stammt von der chinesischen Langhaarziege. Es ist sehr dicht, fast weiß und eignet sich hervorragend als Besatz für Staubbürsten. Verwendet wird von uns aber nur das veredelte, doppelt gezogene Rohmaterial von bester Qualität. Ziegenhaar dieser Güte zeichnet sich besonders durch seine staubbindende Eigenschaft aus und ist daher für die Pflege hervorragend geeignet. Je nach Größe der zu entstaubenden Fläche verwendet man Besen, Bürsten, Pinsel oder Wedel. Staubiges Ziegenhaar lässt sich besonders einfach mit einem Metallkamm auskämmen und kann hin und wieder mit lauwarmer Seifenlauge oder mit Haarschampoo ausgewaschen werden. Dabei ist beim anschließenden Trocknen darauf zu achten, dass der Wedel oder die Bürste in einem Handtuch ausgedrückt wird und hängend an der frischen Luft oder bei Zimmertemperatur (nicht auf der Heizung) kopfüber getrocknet wird. Unsere handgemachten Helfer danken Ihnen eine solche Pflege mit einer langen Lebensdauer.

Also warum nicht eine Bürste „Made in Germany“ kaufen, da weiß man (jetzt) was man hat!

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